Source: http://t3n.de/news/koennten-mobilfunkanbieter-648323/
Darum könnten Mobilfunkanbieter in Zukunft überflüssig werden

Mobilfunkanbieter werden austauschbar
Weltweit gibt es sieben Milliarden Mobilfunkanschlüsse, davon in Deutschland 112 Millionen . Tendenz steigend. Läuft es also gut bei den Mobilfunkanbietern? Nur für den Moment. In Zukunft werden sie austauschbar, denn schon heute unterscheiden sie sich im Prinzip nur durch Preis, Datenvolumen und Netzabdeckung voneinander. Zusatzdienste, die zu den Anfängen des Mobilfunks für die Nutzer noch eine Rolle spielten, haben keine Bedeutung mehr. In Zeiten von WhatsApp oder iMessage brauchen Nutzer keine teuren SMS-Pakete mehr. Auch die Telefonie wird unwichtiger, was zählt ist die Datenverbindung.
Over-The-Top-Dienste (OTT) wie Skype, WhatsApp, iMessage und Co. legen kontinuierlich zu, während die klassischen Kommunikationsdienste wie Telefonie oder SMS in der Nutzung sinken. Laut der Bundesnetzagentur lag die mobile Datennutzung 2014 im Monatsmittel bei 288 Megabyte und damit viermal so hoch wie noch 2011. Mobil telefoniert wurde in Deutschland 2014 im Monat nur noch knapp 80 Minuten. Drastisch eingebrochen ist auch die SMS-Nutzung : von 60 Milliarden SMS im Jahr 2012 blieben 2014 nur noch 22,5 Milliarden übrig.

Die Kluft zwischen Nutzer und Mobilfunkanbieter wird größer
Gleichzeitig wird die Kluft zwischen Nutzer und Mobilfunkbetreiber immer Größer, wie die Umfrage des Marktforschungsinstituts für Servicequalität zeigt. Das Gesamturteil für die Mobilfunkbranche ist nur befriedigend und an erster Stelle stehen bei der Kundenzufriedenheit die Mobilfunkdiscounter. Die Netzbetreiber Telefonica, Telekom oder Vodafone bilden das Schlusslicht. Die qualitativen Unterschiede zwischen den Netzbetreibern, anfänglich noch deutlich größer, werden immer geringer.
„Es gibt kein wirklich schlechtes Mobilfunknetz mehr.“
Es gibt kein wirklich schlechtes Mobilfunknetz mehr, was auch zur Wechselfreudigkeit beiträgt. Dank der Möglichkeit der Mitnahme der Rufnummer sinkt die Bindung zu einem bestimmten Mobilfunkanbieter. Obwohl die Kluft zum Kunden immer größer wird, unternimmt die Branche viel zu wenig, um den Kunden zu binden. Auf den demografischen Wandel der Nutzer und die damit einhergehende Veränderungen im Nutzungsverhalten wird mit den falschen Maßnahmen reagiert. Die steigende Beliebtheit von Messaging-Diensten wie WhatsApp wurde anfänglich belächelt, bis dann vier Jahre nach dem Start von WhatsApp & Co der zaghafte Versuch unternommen wurde, mit der App Joyn eine Alternative zu bieten. Erfolglos, schaut man sich das Ranking im App-Store und der Anzahl der Bewertungen an.Gleichzeitig untersagen die Mobilfunkanbieter in ihren AGB die Nutzung von Diensten wie P2P (Peer-to-Peer), Instant Messaging oder VoIP (Voice over IP). Kein Problem hat man damit, Streaming-Dienste wie beispielsweise Spotify von der Berechnung des Datenvolumens auszuschließen. Mit Netzneutralität hat das nur noch wenig zu tun. Hauptsache der Rubel rollt. Statt sich auf den Nutzer zu fokussieren, wird selbiger lieber gemolken. So sind in kaum einem anderen Land die Kosten für mobiles Internet so hoch wie in Deutschland. Ist in Finnland ein Inklusiv-Volumen von 50 Gigabyte üblich, steht Deutschland mit einem Gigabyte hinter Italien, Tschechien oder Spanien und nur knapp vor Ungarn. Finde den Fehler.

Zukunft der Mobilfunkanbieter ist düster
Die Liste der gescheiterten Unternehmungen, eigene Dienste zu etablieren, ist lang. Messaging, Musik-Streaming oder Mobile Payment, allesamt eher klägliche Versuche beim Nutzer zu punkten. Der Zugriff auf den Kunden wird in Zukunft weiter sinken, denn gemeinsam mit der GSM-Association, dem Verband der Mobilfunknetzbetreiber, verhandeln Samsung und Apple über die Einführung der eSim. Bei der eSIM handelt es sich um eine fest verbaute Sim-Karte, auf die jeder Mobilfunkbetreiber aufgeschaltet werden kann. Kunden brauchen in Zukunft keine Sim-Karte mehr für das Smartphone, sondern können sofort loslegen.
Der Wechsel zwischen den Mobilfunkanbietern wird damit entsprechend vereinfacht, da der lästige Wechsel der Sim-Karte entfällt. Die Hoheit der eSim liegt beim Hardware-Hersteller, also bei Apple und Samsung. Das heißt, dass sowohl Apple als auch Samsung einen Mobilfunkbetreiber anbieten, aber eben auch ausschließen können. Mobilfunkanbieter, die besonders restriktiv gegenüber bestimmten Onlinediensten sind, könnten einfach seitens der Smartphone-Hersteller ausgeschlossen werden. Mit der eSim geht ein weiterer Baustein in der Kundenbeziehung für die Mobilfunkanbieter verloren. Und es bröckelt weiter, denn Apple bietet, zunächst nur in den USA, das iPhone als Abo-Modell an.
Für einen Betrag von 39 US-Dollar kann das iPhone gemietet werden und der Kunde bekommt automatisch immer das neueste Gerät. Das Gleiche bietet Samsung auch an und andere Hersteller werden folgen. Mit neuen Smartphones gekoppelt an eine Vertragsverlängerung können die Mobilfunkanbieter künftig also auch nicht mehr locken. Die nicht abreißenden Gerüchte, Apple wolle ein VMNO, ein virtueller Mobilfunkanbieter werden, dürften bei den etablierten Mobilfunkbetreibern nur so mittelgut ankommen. Ganz abgesehen von Projekten wie Googles Loon, dessen Ziel nichts geringeres ist, als die Welt mit Internet auszustatten.
Sri Lanka ist das erste Land, welches mit Hilfe von Google Loon einen landesweiten universellen Internetzugang über WLAN bekommt. Auch wenn Sri Lanka nur eine Insel und nicht Europa ist, sieht man, wohin die Reise bei Google geht. Für Unternehmen wie Google, Facebook oder Apple ist mobiles Internet die Basis für alle Produkte. Die Abhängigkeit von Mobilfunkprovidern ist, wie man am gerade von Google gestarteten Accelerated-Mobile-Pages-Project sehen kann, ein Problem.

Fazit
Die Frage ist nicht, ob es die Mobilfunkanbieter in Zukunft noch geben wird, sondern viel mehr welche Rolle sie spielen werden. Die Bindung zum Kunden geht zunehmend an Unternehmen wie Apple, Google, Facebook oder Amazon verloren. Ein Ökosystem, wo Kunden Lösungen aus einer Hand bekommen, die nahtlos mit einander funktionieren, ist heute essentiell. Apple, Google, Facebook und Amazon haben das erkannt und bieten genau das: einzelne Lösungen aus einer Hand für unterschiedliche Anwendungsfälle mit Fokussierung auf den Nutzer.
Im Mobilfunk wird das vernachlässigt und es fehlen innovative Ideen und Lösungen. Themen werden entweder zu spät oder nicht nutzerzentriert angegangen, wie man an den Entwicklungen im Bereich Mobile Payment sehen kann. Anstatt sich mit den Kundenbedürfnissen zu beschäftigen, steht am Anfang das Geschäftsmodell. Am Ende bleibt nur noch die Rolle des Technologie-Anbieters, die in etwa so spannend ist wie Strom aus der Steckdose. Gar nicht.