Archiv für den Monat April 2012

Innovation in der Design-Branche

Ein Stuhl für mehr Selbständigkeit

Den Stuhl neu zu erfinden, war die Aufgabe, die sich das Salzburger Startup camarg vor drei Jahren vorgenommen hat. Personen mit Aufstehschwierigkeiten waren bislang auf menschliche Hilfe angewiesen, wenn sie sich an einen Tisch setzen wollten. Zwei Designer Martin Bliem und Christian Miletzky wollten dies ändern – mit Erfolg.

Mit finanzieller Unterstützung von dem Austrian Wirtschaftsservice, der österreicheichen Forschungsförderungsgesellschaft, dem Business Creation Center Salzburg und der Fachhochschule Salzburg wurde ein ganz besonderen Stuhl namens Chelino entwickelt. Die größte Herausforderung in der dreijährigen Entwicklung lag dabei in der Berücksichtigung der körperlichen Einschränkungen, die man als junger und gesunder Mensch nicht hat und daher leicht übersieht. Darüber hinaus bedurfte es an viel Kreativität und Denkarbeit um die notwendige Sicherheit mit einem optisch schönen Design zu vereinbaren.

Es sollte ein Stuhl entstehen, der eine Lebenserleichterung integriert, aber nicht als Hilfsmittel sondern ein schönes Möbel wahrgenommen würde. Das Ergebnis kann sich zeigen lassen. Chelino hat mehrere Innovations-, Design- und Medizinproduktpreise gewonnen, darunter eine reddot Auszeichnung und eine Auszeichnung für eines der besten zehn in Österreich erteilten Patente im Jahr 2011.

Das Patent

Seit Anfang dieses Jahres wird dieser Stuhl nun erfolgreich an körperlich eingeschränkte Personen, Senioren und Pflegereinrichtungen verkauft. Da camarg mit Chelino weltweit neue Märkte erschließen möchte, wird in diesem Jahr das Patent auf die EU, USA, Japan und China ausgeweitet. So soll die Erfindung vor Imitaten geschützt werden.

Was macht diesen Stuhl so besonders? Chelino ist der weltweit einzige Stuhl mit integrierter Aufstehhilfe, der ohne Stromzufuhr auskommt. Die, in einer fixen nach oben verlaufenden Bahn bewegliche Sitzfläche ist mit vier, in den Sesselbeinen befindlichen Gasdruckfedern verbunden. Diese nehmen beim Setzen das Körpergewicht als Energie auf und geben diese beim Aufstehen wieder kontrolliert ab. Somit wird sowohl ein komfortableres Setzen, als auch ein erleichtertes Aufstehen ermöglicht. Die Hebefunktion wird durch zwei Knöpfe an den Armlehnen gesteuert. Sobald diese losgelassen werden, wird die Sitzfläche gesperrt und der Benutzer kann auf seiner bevorzugten Höhe bequem sitzen. Die Sitzfläche besteht aus zwei Teilen, wobei die vordere Sitzkante beim Hochfahren der Sitzfläche nach unten abknickt. So wird ein komfortables Setzen ermöglicht und auch kleinere Personen haben kein Problem sich auf die angehobene Sitzfläche zu setzen.

Des Weiteren bietet keiner der herkömmlichen Aufstehhilfen die Möglichkeit, ohne fremde Hilfe mit dem Stuhl an einen Tisch zu rücken. Der Aufstehstuhl Chelino ist mit eigens entwickelten Hinterrollen ausgestattet. Beim Aufstehen und Setzen sind diese hinteren Rollen automatisch blockiert, damit der Stuhl nicht nach hinten wegrollen kann und höchste Stabilität und Sicherheit gewährleistet wird. Erst wenn die Sitzfläche die unterste Position erreicht, werden die Bremsen automatisch gelöst. Damit der Stuhl auch bei angehobener Sitzfläche bewegt werden kann, gibt es zwei Knöpfe an der Rückenlehne, die die Bremsen bei Bedarf lösen.

Die gesamte Technik wurde innerhalb der Stuhlbeine verbaut. So wirkt Chelino wie ein gewöhnliches Möbel. Die Kombination aus Funktionalität, Design und intuitiver Bedienung sind die besonderen Merkmale von Chelino, an denen sich viele Anwender neben der wiedergewonnen Selbständigkeit beim Setzen und Aufstehen erfreuen.

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Die intelligente Werbetafel in der Praxis

Für die Werbeindustrie ist es von entscheidender Rolle, zielgerichtet Werbung platzieren zu können. Es ist bis dato schwierig zu erkennen, wie die genaue Resonanz eines einzelindividuums auf eine Print/Schaufenster-Anzeige aussieht.

Reklameanzeigen haben große Streuverluste, da die Werberelevanz an spezifischen Standorten nicht exakt zielgruppenspezifisch abgeschätzt werden kann.

Das Hauptproblem: Reklameanzeigen stehen an Orten, an denen nicht genug interessierte Personen vorbeikommen.

(c) http://www.fraunhofer.at/Images/1112%20FH_Report_tcm44-100235.pdf

Die Lösung: Die intelligente Reklametafel oder Werbetafel passt sich im laufenden Betrieb automatisch an die analysierte Situation an und blendet, die für eine vorher definierte Zielgruppe bestimmte Werbung ein. Das Analysemodul ist anhand einer Bildatenbank trainiert. So werden Alter, Geschlecht voneinander unterschieden. Männer haben eine andere Körperform, Frauen weichere Wangen im Gesicht. Zur Bilderkennung ist eine Kamera an der Werbetafel angebracht. Sie registriert vorbeigehende Personen, scannt Körper und Gesicht und erkennt durch die definierten Merkmale ob ein älterer Mann oder eine jüngere Frau vor der Werbetafel steht.

In den Werbesystemen ist hinterlegt, welche Werbung für welche Zielgruppe eingeblendet werden soll. Der neueste Action-Kino-Trailer für 18-22 jährige Männer, oder die Anti-Falten-Creme für Männer und Frauen ab 35.

Mehrere Anbieter buhlen um die Gunst des Schaufensterplatzes.
Fraunhofer mit Omnisense
NetAvis mit ObserverWerbeeffektivitätstracking

Wie kann zielgruppenorientierte Werbung ihr Business verbessern?

Diskutieren Sie mit uns innovativ@dieIdee.eu

Bildquelle: www.fraunhofer.at

Der e-Sound von Audi: Akustische Innovation für künftige Audi e-tron-Modelle

Soundengineering by Audi.

Die künftigen e-tron-Modelle von Audi fahren weite Strecken elektrisch und damit fast ohne Motorengeräusch. Damit Passanten sie im Stadtverkehr hören können, hat die Marke einen synthetischen Klang entwickelt — einen der ihn als Elektroauto identifiziert, aber dennoch seine Sportlichkeit unterstreicht.
Durch die Verwendung von 40 Watt Außenlautsprechern inklusive Hoch- und Tieftönern kann jeder beliebige Sound an Passanten abgegeben werden. Innovative Pricing Modelle wie z.B. ein Standard-Beschleunigungs-Sound sind ebenso möglich wie optionale Aufpreis-Sounds, die an Hollywood-Produktionen (Wanted, Salt, Back to the Future oder Star Trek (TM)) erinnern sollen.

further reading & video: Audi Reveals ‘E-Sound’ Engine Noise

Soundprobe vom e-tron auf spiegel.de Auto

Nicht genug Elektro-Beschleunigungs-Sound? Hollywood legt die Latte hoch. StarTrek @Youtube – Copyrights by Universal.

Siemens Austria, Verbund & „E-Mobility-Provider“ Start Mitte 2012

Das neue Unternehmen soll mit 20 Millionen Eigenkapital ausgestattet sein und ein Investitionsvolumen von rund 300 Millionen bis 2020 haben

Wien – Siemens Österreich und der Verbund gründen gemeinsam ein Unternehmen für Elektromobilität. Der neue „E-Mobility-Provider“ – so der Arbeitstitel – soll mit 20 Mio. Euro Eigenkapital ausgestattet sein und ein Investitionsvolumen von rund 300 Mio. Euro bis 2020 haben. Der Geschäftsführer und die rund 35 Mitarbeiter werden noch gesucht, im Sommer soll der offizielle Startschuss erfolgen. In den nächsten acht Jahren sollen 80.000 bis 240.000 E-Autos unterwegs sein, ab 90.000 Fahrzeugen werde das Partnerunternehmen den Break Even erreichen, so Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber.

Das Modell soll sich an den Pauschalangeboten der Mobilfunkbetreiber orientieren, subventionierte Elektrofahrzeuge vergleichbar mit den gestützten Handys wird es allerdings nicht geben. Angedacht sind Unterstützungen der öffentlichen Hand bei Steuerbegünstigungen oder Gratis-Parkpickerl. Dies sei für den Staat jedenfalls günstiger als CO2-Zertifikate zu kaufen, so Anzengruber am Dienstag vor Journalisten. Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) hatte vor kurzem um 160 Mio. Euro Umweltzertifikate im Ausland zugekauft, um Strafzahlungen für Österreich wegen der Nicht-Erfüllung des Kyoto-Protokolls zu vermeiden.

E-Autos für den eigenen Fuhrpark

Siemens und Verbund wollen mit guten Beispiel vorangehen und schon in nächster Zeit mehrere Dutzend Elektroautos für den eigenen Fuhrpark anschaffen. In der ersten Phase sollen auch primär Großkunden angesprochen werden. Von den derzeit in Österreich angemeldeten knapp 1.100 E-Autos werden 80 Prozent in Betrieben eingesetzt, so Berechnungen der Wirtschaftskammer Österreich. Selbst wenn die optimistischen Prognosen von 240.000 Autos bis 2020 eintreffen, ist das nur ein Bruchteil des bestehenden Autobestandes von rund 4,5 Millionen Pkw.

Durch den verstärkten Einsatz von E-Autos könnten die Fahrzeuge auch als Stromspeicher dienen, was für einen Energiemix aus Erneuerbaren Energien wichtig wäre – ebenso wie die Stärkung des Technologiestandortes Österreich, so Anzengruber. Auf die bestehenden Kooperationen in der Interessengemeinschaft „Austrian Mobile Power“ ändere die Partnerschaft zwischen Siemens und Verbund nichts. „Wir sind eine Gründungsgesellschaft und streben keine Exklusivität an“, so Siemens Österreich-Chef Wolfgang Hesoun.“

 

Bildquelle und Originalzitat: http://derstandard.at/1333528746770/Siemens-und-Verbund-E-Mobility-Provider-startet-im-Sommer

Elektroautos – VW rechnet mit rasch sinkenden Batteriepreisen

VW rechnet mit rasch sinkenden Batteriepreisen

von Martin Seiwert und Franz W. Rother

VW-Chef Martin Winterkorn steuert einen neuen Meilenstein in der Elektromobilität an: Schon in drei Jahren könnte Volkswagen E-Fahrzeuge bauen, die günstiger sind als herkömmliche Autos.

  • Imagetest für Autonamen: Mein Auto heißt Miev

Der Buchstabe „i“ taucht nicht erst bei BMW auf und steht für intelligent und innovativ. Das haben auch schon andere Anbieter für sich entdeckt, aber die Namensexperten schätzen den Wert trotzdem hoch: „Dafür gliedert sich das neue Modellkürzel jedoch hervorragend in die BMW Bezeichnungsstruktur“, begründen sie den zweiten Platz für den „BMW i3“.

Bis zu 170 Stundenkilometer schafft der E-Flitzer. Im reinen E-Betrieb soll der BMW i3 eine Reichweite von 160 Kilometern haben. Allerdings ist BMW noch nicht so weit. Das E-Auto wird erst ab 2013 auf deutschen Straßen unterwegs sein.

Bild-Quelle: dpa

Möglich wird das durch einen drastischen Preissturz bei den Batterien, dem teuersten Bauteil von E-Autos. „Wir rechnen damit, dass die Kosten pro Kilowattstunde Kapazität beim Lithium-Ionen-Akku schnell auf eine Größenordnung von etwa 100 Euro sinken und dass diese Grenze 2015 oder spätestens kurz danach erreicht wird“, sagt Rudolf Krebs, Elektroauto-Chef des Volkswagen-Konzerns. Winterkorn sagte unlängst, er könne nicht verstehen, warum Autohersteller für die Akkus mehr zahlen sollten als die Elektronikindustrie, die in Laptops und Handys ähnliche Batterien einbaut.

Bisher ging die Autoindustrie davon aus, dass das Preisniveau nicht vor dem Jahr 2020 auf 100 Euro pro Kilowattstunde (kWh) sinkt. Ab dieser Grenze kann ein Elektroauto in den Gesamtkosten für Anschaffung und Betrieb günstiger sein als ein herkömmliches Fahrzeug. Nach Berechnungen der Unternehmensberatung P3 Ingenieurgesellschaft wäre dann sogar ein Elektroauto, das für den Langstreckenbetrieb über einen zusätzlichen Verbrennungsmotor verfügt, kostengünstiger als ein Benziner oder ein Dieselfahrzeug.

Der Preis für die Batterie mit einer Kapazität von 20 kWh läge bei rund 4000 Euro. Derzeit kosten solche Batterien, die eine Reichweite von durchschnittlich 150 Kilometern ermöglichen, laut P3 rund 9000 Euro.

Grafik Elektroauto-Zulassungen
Klicken Sie auf die Grafik, um eine vergrößerte Ansicht zu erhalten

Die Erwartung von Volkswagen, schon 2015 die 100-Euro-Grenze erreichen zu können, stellt die gängigen Prognosen zur Entwicklung der Batteriepreise infrage. Das kalifornische Marktforschungsunternehmen Advanced Automotive Batteries (aab) sagte zuletzt voraus, dass der Zellenpreis bis zum Jahr 2015 auf 340 bis 460 Dollar fällt.

Auch Daimler geht in Prognosen, die der WirtschaftsWoche vorliegen, nicht davon aus, dass er in absehbarer Zeit unter 250 Euro sinkt. Toyota und BMW arbeiten gemeinsam schon an der nächsten Batteriegeneration, den Lithium-Luft-Akkus. Durch die neue Technik könnten die Preise deutlich unter 100 Euro fallen – wenn es gelingt, diesen Typ wiederaufladbar zu machen.

Aktuell werden für eine Batteriezelle mit einer Speicherkapazität von einer Kilowattstunde laut Bosch rund 500 Euro verlangt, Wettbewerber Johnson Controls rechnet gar mit 750 Euro. Bei einer Großserienproduktion könnte der Preis bis 2017 auf 350 Euro fallen, aber ein Preis von 100 Euro schon im Jahr 2015 sei Wunschdenken, heißt es bei den Zulieferern.

„Bislang werden von der Autoindustrie nur homöopathische Mengen von Batteriezellen für Elektroautos geordert. Verträge über größere Liefermengen sehe ich noch nicht“, beklagt sich Stefan Suckow, der bei Johnson Controls das Geschäft mit Lithium-Ionen-Akkus verantwortet.“

Bildquelle und Originalzitat: http://www.wiwo.de/unternehmen/auto/elektroautos-vw-rechnet-mit-rasch-sinkenden-batteriepreisen/6458322.html

Preisanstieg bei fossilen Energien wird „Innovationen auslösen“ – Mobilitätsforscher Stephan Rammler im Interview

„Mobilitätsforscher Stephan Rammler zur Diskussion um die Zukunft des Verkehrs

Stephan Rammler im Gespräch mit Marcus Pindur

Angesichts steigender Benzinpreise fordert Verkehrsforscher Stephan Rammler von der Politik, innovative Mobilitätskonzepte stärker zu unterstützen. Das Modell mit privaten Pkw sei nicht mehr sinnvoll, besser sei es beispielsweise den öffentlichen Verkehr massiv zu modernisieren.

Marcus Pindur: Noch nie war es so wertvoll wie heute: ein Fass Brent Crude. Die Nordsee-Ölsorte kostet 125 Dollar, und jeder, der tankt, kann es auch wissen: Ein Liter Super Plus ist kaum noch unter 1,70 zu haben. Die Politik debattiert über eine Erhöhung der Pendlerpauschale oder über eine Regulierung der Spritpreise an den Tankstellen – und das auch mit Recht, denn viele Menschen sind auf ihre individuelle Mobilität angewiesen in einer Zeit, in der vom einzelnen Arbeitnehmer immer mehr Flexibilität und Mobilität auf dem Arbeitsmarkt erwartet wird.

Und da könnte der normale Steuerzahler ja wohl auch ein Entgegenkommen des Staates erwarten. Wir wollen jetzt aber mal über die Frage sprechen, wie wir denn in Zukunft unsere Mobilität am besten organisieren. Und wir sprechen jetzt mit Professor Stephan Rammler, Leiter des Instituts Transportation Design an der TU Braunschweig, er ist Mobilitätsforscher. Guten Morgen, Herr Rammler!

Stephan Rammler: Guten Morgen!

Pindur: Wie macht man Mobilität für den Einzelnen wieder erschwinglicher, mal jenseits dieser kurzfristigen politischen Rezepte?

Rammler: Indem man als Politik sagt, wir übernehmen jetzt über die kurzfristige Art und Weise, wie wir jetzt Verantwortung übernehmen, hinaus langfristig Verantwortung, wir bauen das ganze System um. Weil es liegt ja jetzt auf der Hand, dass einmal mehr eine Preissteigerung – das wird auch in Zukunft so weitergehen.

Das heißt, vor dem Hintergrund macht es keinen Sinn, den Weg in die Sackgasse immer weiter noch sozusagen mit ein bisschen Innovation auszustatten und ein bisschen an der einen oder anderen Ecke zu pfriemeln und es besser zu machen, sondern eigentlich die Baustelle an eine andere Stelle zu verlagern und zu sagen: Wir bauen das Mobilitätssystem um. Und die Antwort drauf hört sich erst mal hochtrabend an, das kann man ja erst mal runterbrechen, was das bedeutet, aber die Antwort drauf ist: Weg von fossilen Energien in der Mobilität.

Wir wissen, keine Gesellschaft wie unsere ist so abhängig von Mobilität, wie unsere moderne Gesellschaft, und 90 Prozent dieser Mobilität ist fossile Mobilität. Das Klügste, was wir tun können im Sinne einer gesellschaftlichen Risikovorsorge, auch für den kleinen Mann, auch für den Arbeitnehmer, ist langfristig sozusagen zu planen und jetzt anzufangen, diese Wende sozusagen jetzt einzuleiten in die Richtung eines Systems, was ohne fossile Energien auskommt, das ist erst mal …

Pindur: In diesem Zusammenhang, Herr Rammler, ist ja viel vom Elektroauto die Rede. Aber auch der Strom muss ja irgendwo herkommen und irgendwie erzeugt werden.

Rammler: Das Elektroauto dient erst mal nur dazu, sozusagen die Abhängigkeit vom Erdöl zu mindern. Das sind erst mal keine ökologischen Fragen, die dahinter stehen, und das Elektroauto ist in meinen Augen nur ein Teil einer Lösung. Wenn wir über Elektromobilität als Ganzes sprechen, wird schon eher ein Schuh draus. Wir können regenerative Energien in die Mobilitätssysteme bringen, indem wir eben Busse, Bahnen, Straßenbahnen, den öffentlichen Verkehr mit elektrischen Antrieben betreiben.

Und wir können natürlich als Teil dieses integrierten Gesamtverkehrssystems auch Autos betreiben, Elektroautos betreiben, aber nicht im Sinne des klassischen Modells der Privatmotorisierung, also jede Familie hat ein Auto oder möglichst zwei Autos, und da sitzt meistens nur einer drin, sondern eben im Sinne einer sehr klugen Nutzung. Und dann können wir auch Elektroautos sehr klug betreiben, und der Übergang dann von den fossilen Energien zu den regenerativen, die wird dann im Rahmen der Gesamtenergiewende, die wir ja auch gerade angehen, zu vollziehen sein, das heißt, Energiewende und Mobilitätswende hängen sehr eng zusammen. Das Kulturmodell der Massenmotorisierung mit privaten PKWs ist in keinerlei Weise irgendwie volkswirtschaftlich wie betriebswirtschaftlich sinnvoll, das sind …

Pindur: Das wird aber schon seit Jahren und Jahrzehnten behauptet, …

Rammler: Das ist nicht so, nein.

Pindur: … und ist nach wie vor einfach sehr attraktiv. Geht Ihre Vorstellung von einem – ich sage mal, einem System, das staatlich verordnet wird, nicht an den Bedürfnissen der Menschen tatsächlich vorbei?

Die AutoTram, entwickelt und erprobt am Fraunhofer IVI, vereint die Vorteile einer Straßenbahn mit denen eines Busses. (Bild: Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI)Die AutoTram, entwickelt und erprobt am Fraunhofer IVI, vereint die Vorteile einer Straßenbahn mit denen eines Busses. (Bild: Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI)

Rammler: Bedürfnisse entwickeln ja sich auch über viele Jahrzehnte. Und es ist erstens nicht so, dass es seit Jahrzehnten behauptet wird, es wird bislang immer von Minderheiten behauptet, und wir bekommen gerade überhaupt erst eine Debatte, wo das in ein breiteres Bewusstsein tritt, dass man anerkennt, dass es echt ein Problem ist, was wir da haben.

Und natürlich ist es so, dass Bedürfnisse sich auf der Grundlage eines bestimmten vorhandenen technologischen Systems entwickeln, klar – also wir müssen einfach als Staat konkret andere Angebote machen, also beispielsweise den öffentlichen Verkehr massiv modernisieren, ausbauen, bessere Taktfrequenzen, wir sollten überlegen, die erste und die letzte Meile zum öffentlichen Verkehr und von ihm weg, zum Arbeitsplatz beispielsweise dann, mit Pedelecs, mit Fahrradverleihsystemen, mit Autoleihsystemen zu integrieren.

Wir sprechen immer als Verkehrsforscher vom Gesamtverkehrssystem, was integriert ist. Das heißt, ich mache nicht mehr alle Wege mit einem Verkehrsmittel, wie bislang mit dem Auto, und wir machen sozusagen unsere Wege dann stattdessen mit einer Vielfalt von Verkehrsmitteln, die den jeweiligen Zwecken angemessen ist und wo ich dann überall regenerative Energien drin stecken habe – oder aber womöglich auch noch wieder auf die Körperkraft zurückkomme.

Wir haben eine extreme Innovationsdynamik im Bereich der Fahrradindustrie beispielsweise, wir haben Leichtbaufahrräder und so weiter, und all das sind Dinge, die wir weiterverfolgen können – da gibt es eine Innovationsdynamik -, und ich würde mir wünschen von der Politik, nicht weiter sozusagen diese Stagnovation, also die Innovation in der Sackgasse zu betreiben und ein System weiterhin zu perfektionieren, von dem wir wissen, dass wir es eigentlich langfristig global auch nicht weiter betreiben können, egal wie gut die Bedürfnisse darauf adaptiert sind, sondern zu sagen, wir müssen als Staat sozusagen die unangenehme Botschaft auch aussprechen.

Pindur: Herr Rammler, aber das passiert doch schon seit Längerem, dass darüber viel geredet wird. Nur wenn man sich umschaut in seinem Kollegenkreis, in seinem Bekanntenkreis, dann sagen alle, ja, wir brauchen die ökologische Wende hin zu einer anderen Mobilität, aber trotzdem haben alle noch ein Auto, egal ob sie in der Stadt wohnen oder auf dem Land.

Rammler: Sehen Sie …

Pindur: Und die auf dem Land brauchen es eben doch dann mehr!

Rammler: Ja, das ist völlig richtig, jetzt müssen wir aber die Diskussionsstränge auseinanderhalten. Wir sprechen jetzt von urbanen Ballungszentren und wir wissen, dass also mittlerweile 60, 70 Prozent aller Menschen in Deutschland – und es geht auch noch weiter – in urbanen Regionen wohnen, wo das mit den kollektiven Verkehrsträgern mittlerweile relativ gut geht. Wir haben das Land, und die unterstützen wir beispielsweise, indem wir weiterhin eine bestimmte Form von Privatmobilität dort zulassen und indem wir auch dort …

Pindur: Werden Sie mal konkret, Herr Rammler. Was konkret stellen Sie sich da drunter vor? Wie kann man das organisieren?

Rammler: Stellen Sie zum Beispiel sich vor Ridesharing-Konzepte. Das gibt es in den USA seit vielen Jahren. Wenn Sie jetzt eine Region haben wie Südost-Niedersachsen, hier in Braunschweig: Viele Arbeitnehmer pendeln nach Wolfsburg. Es ist im Augenblick so, dass aufgrund der veränderten Schichtzeiten die Arbeitnehmer alle sich allein ins Auto setzen, da hinfahren, in Wolfsburg gibt ein Riesenproblem mit dem Verkehr.

Jetzt fängt man an darüber nachzudenken, wie kriegen wir denn eigentlich den Besetzungsgrad von Autos – als ersten Schritt, als schlichten Schritt erst mal – wieder erhöht, dass nicht eine Person drin sitzt, sondern vier Personen drin sitzen, und der schlichte, einfache Gedanke ist, die Organisation des Mitfahrens so intelligent zu machen, über die Handys, die wir alle mittlerweile haben, die die Datenübertragung …

Pindur: Eine große Mitfahrzentrale sozusagen.

Rammler: Ja, das liegt ja alles auf der Hand, auch da – jetzt greife ich mal Ihre Argumentation auf, Sie sagen, ist ja alles schon so lange bekannt. In der Tat, viele Konzepte sind seit langer Zeit bekannt, und jetzt haben wir einen zunehmenden Druck, und dieser Druck wird Innovationen auslösen, hoffe ich, wird Kreativität auslösen, und Menschen werden dann anfangen, drüber nachzudenken, ach, geht doch, ich kann doch mitfahren, ich kann doch mich organisieren.

Wenn ich dann als Staat oder Kommune hingehe und dann sage, ich unterstütze diese Leute, die Ridesharing machen wollen, indem ich beispielsweise bestimmte Fahrbahnen für sie freihalte, wie das in den USA so üblich ist, in Kalifornien, oder indem ich diese Fahrgemeinschaften steuerlich unterstütze, dann kann ich es langsam, Stück für Stück auch als Politik steuern und ein gewünschtes Verhalten unterstützen und ein unerwünschtes sozusagen dann behindern.

Pindur: Herr Rammler, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!

Rammler: Bitte schön!“

 

Bild-Quelle und Originalzitat: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/1721939/

Instagram, Facebook & largest social networks on mobile (smartphones)

As per of END OF 2011 these are the LARGEST SOCIAL NETWORKS ON MOBILE

Name User Country
Facebook mobile 425 M USA
Mobile QQ (Tencent) 200 M China
Sina (Weibo) 150 M China
RenRen 61 M China
iMessenger (Apple) 58 M USA
Mig33 55 M Singapore
Twitter mobile 55 M USA
Blackberry Messenger 50 M Canada
Mxit 50 M South Africa
Nimbuzz 50 M Netherlands
Skype Mobile (Microsoft) 40 M USA
Gree 35 M Japan
Instagram 30 M USA
Mobile Cyworld (SK) 25 M South Korea
Mobage Town (DeNA) 25 M Japan
Mocospace 22 M USA
Whatsapp 20 M USA
FourSquare 15 M USA
Mixi 15 M Japan

Quellen:
http://www.telekom-presse.at/Die_groessten_sozialen_Netze_nach_mobilen_Nutzern.id.19635.htm
http://communities-dominate.blogs.com/brands/2012/04/largest-mobile-social-networks-today-by-size-of-user-base.html

Industrieverband fordert Solarförderung auf Innovation ausrichten

„Der Bundesverband der Industrie fordert für die Solarbranche Subventionen für nachhaltige wettbewerbsfähige Strukturen.“

„Staatliche Subventionen hatten einen Boom in der Solarbranche ausgelöst, die nun unter Überkapazitäten und Preisverfall leidet. Der Bundesverband der Deutschen Industrie fordert jetzt ein Umdenken in der Politik hin zur Förderung von Innovationen.

Berlin – Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat die Politik aufgefordert, die Industrieförderung stärker auf Innovationen zu konzentrieren. „Die Politik muss aus den Fehlern der bisherigen Solarförderung lernen. Der massive unkontrollierte Mengenzubau zeigt, dass es falsche Anreize gab“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber in einer Mitteilung am Samstag in Berlin. „Die Förderung muss dringend stärker auf Innovationen fokussiert werden.“

 Generell habe Industriepolitik sich am Markt zu orientieren. Sie müsse die richtigen Anreize setzen für mehr private Investitionen. „Wenn Subventionen zu lange gewährt werden und Fehlanreize setzen, entstehen keine nachhaltig wettbewerbsfähigen Strukturen“, sagte Kerber.

Der Bundestag hat eine Kürzung der Solarförderung um 20 bis 30 Prozent bereits mit Koalitionsmehrheit beschlossen. Die Regierung begründet den Schritt mit stark gefallenen Produktionskosten für Solaranlagen, etwa durch die Konkurrenz aus China. Neben der Opposition sehen aber auch einige CDU-geführte Länder das Vorhaben kritisch. Der Bundesrat entscheidet am 11. Mai.

Staatliche Subventionen hatten einen Boom in der Solarbranche ausgelöst, die nun unter Überkapazitäten und Preisverfall leidet. Durch die beschlossene Förderkürzung sehen sich viele Firmen aber in ihrer Existenz bedroht. Zuletzt hatten mehrere Unternehmen Insolvenz angemeldet, darunter Solar Millennium, Solarhybrid und Q-Cells.“

Zitat aus: Manager-Magazin

Zweiseitige Märkte

Was sind zweiseitige Märkte. Marcel Weiss analysiert treffend:

„Was haben Einkaufszentren, Kreditkartensysteme, Spielkonsolen, Tageszeitungen, technische Standards wie VHS und Blu-ray, Betriebssysteme, Appstores, eBay, Facebook und Twitter gemeinsam?

Sie alle sind zweiseitige Märkte.“

Plattform –> 1 –> 2
Spielkonsole –> Spiele Entwickler –> Spieler
IPAD –> Verlag –> User
Mobilfunk –> anrufende User –> angerufene User
Kabelfernsehen –> Programmveranstalter –> Kabeluser
Shopping-Center-Betreiber –> Ladenmieter –> Kunden
Online-Zahlungssystem –> Händler –> Konsumenten
Kreditkarten-System –> Händler –> Konsumenten
Betriebssystem –> Anwendungsentwickler –> User

„Was sind zweiseitige Märkte?

Zweiseitige Märkte finden auf von einem oder mehreren Unternehmen angebotenen Plattformen statt, auf welchen zwei unterscheidbare Nutzergruppen zusammen kommen. Die Inanspruchnahme der Plattform durch die zwei Nutzergruppen wird durch zweiseitige, indirekte Netzwerkeffekte beeinflusst. Das bedeutet, je mehr Teilnehmer einer Gruppe die Plattform einsetzen, desto attraktiver wird die Plattform für die Nutzer der anderen Gruppe und umgekehrt.

Das erste Mal wurden zweiseitige Märkte von Jean-Charles Rochet und Jean Tirole 2003 formuliert (in Rochet, Jean-Charles / Tirole, Jean, Platform Competition in Two-sided Markets, in: Journal of the European Economic Association, Vol. 1, Nr. 4, Juni 2003, S. 990-1029).

Aber machen wir zunächst einen Schritt zurück und schauen uns erst einmal an, was Netzwerkeffekte konkret sind.

[Anmerkung zum Begriff der zweiseitigen Märkte: In der Literatur wird abwechselnd von zweiseitigen Märkten (engl. „twosided markets“), mehrseitigen Märkten (engl. „multisided markets“) oder zweiseitigen Plattformen (engl. „twosided platforms“) geschrieben. Ich habe mich für „Zweiseitige Märkte“ entschieden, weil

  1. sich alles anschaulicher anhand einer Zweiseitigkeit beschreiben lässt, auch wenn vor allem im High-Tech-Bereich oft mehr Seiten involviert sind (tatsächlich werden wir in einem späteren Artikel sehen, dass zum Beispiel Facebook und Twitter mindestens drei Seiten bedienen) und
  2. eine Unterscheidung zwischen der zugrundeliegenden Plattform und dem auf ihr stattfindenden Markt notwendig ist.

Zusätzlich wird in der entsprechenden akademischen Literatur mehrheitlich von „twosided markets“ gesprochen.]

Netzwerkeffekte

Wirtschaftszweige im Informationsbereich werden maßgeblich von Netzwerken bestimmt und geformt. Das bestimmende Element von Netzwerken sind Netzwerkeffekte.

“Virtuelle” Netzwerke ähneln physischen Netzwerken wie das Telefonnetz oder das Eisenbahnnetz. Nutzer des gleichen Betriebssystems gehören zum gleichen Netzwerk. Das Gleiche gilt für Nutzer von Technologien wie CD-/DVD-Laufwerken oder Spielkonsolen. Teilnehmer befinden sich im gleichen Netzwerk, wenn sie Komponenten des Systems verwenden.

Alle Netzwerke haben in der Regel ein gemeinsames Merkmal: Solang alle anderen Umstände gleich bleiben, steigt der Nutzen für den einzelnen Teilnehmer je mehr zusätzliche Teilnehmer das Netzwerk nutzen. Dieses Merkmal kann man als Netzwerkeffekte, Netzwerkexternalitäten oder positive Skaleneffekte auf Nachfragerseite bezeichnen.

In den in dieser Artikelserie betrachteten Fällen äußern sich die Netzwerkeffekte positiv, also nutzensteigernd. Netzwerkeffekte können aber auch negative Auswirkungen hervorrufen, sprich sich als Kosten bemerkbar machen. Dann sinkt der Nutzen für den Einzelnen je mehr Akteure ein Angebot nutzen (zum Beispiel übermäßig viel Werbung, die auf Endkonsumentenseite als negativ empfunden wird, wäre ein indirekter negativer Netzwerkeffekt).

Netzwerkeffekte können unterschiedlich stark auftreten. Auswirkungen auf ihre Ausprägung hat die Höhe der Wechselkosten bei den Mitgliedern der Netzwerke und die Möglichkeit von Multi-Homing, auf das ich in einem späteren Artikel gesondert eingehen werde. In ihrer stärksten Form führen Netzwerkeffekte zu Winner-takes-it-all-Märkten, und das heißt damit zu Märkten, die von ihrer Struktur her zur Monopolbildung neigen.

Da der bei zunehmender Größe des Netzwerks stärker werdende Effekt sich damit auch gleichzeitig selbst verstärkt, spricht man in diesem Zusammenhang auch oft von positivem Feedback.

Direkte Netzwerkeffekte

Wenn im Zusammenhang von Social Networks wie StudiVZ und Facebook oder auch bei Twitter von Netzwerkeffekten die Rede ist, dann sind damit gemeinhin positive, direkte Netzwerkeffekte gemeint.

Direkte Netzwerkeffekte kann man auch als symmetrische Komplementaritäten bezeichnen (siehe z.B. Varian, Hal R., Competition and Market Power, in: Varian, Hal R. / Farrell, Joseph / Shapiro, Carl, The Economics of Information Technology, An Introduction, 4th printing, Cambridge/MA 2008, S.1-47., S. 42).

Je mehr Anwender ein Netzwerk verwenden, desto nützlicher wird es für alle Beteiligten. Ein Faxgerät ist am nützlichsten, wenn viele andere Faxgeräte damit ansprechbar sind. Das Gleiche gilt für Telefone, die am gleichen Telefonnetz angeschlossen sind (oder in Netzen, bei denen die Teilnehmer von einem Netz in das andere kommunizieren können).

Ebenso gilt das natürlich für Social Networks. Je mehr Personen auf Facebook sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass meine Freunde dort auch sind, folglich wird das Angebot attraktiver für mich, und damit auch gleichzeitig attraktiver für meine Freunde.

Je stärker die Penetration eines Marktes ist, sprich je größer das Angebot wird, desto stärker macht sich der direkte Netzwerkeffekt bemerkbar. Der zusätzliche Nutzen steigt mit der Gesamtgröße. Eine Folge dieses Umstands sind die exponentiellen Wachstumsraten, die man bei erfolgreichen Webangeboten beobachten kann.

Jede Website, bei der es um die Vernetzung von Mitgliedern geht – man nenne es Social Media -, wird mindestens von einem direkten Netzwerkeffekt getrieben: Entweder positiv, weil viele Mitglieder auf der Site sind, oder negativ, weil eine konkurrierendes Angebot größer ist.

Indirekte Netzwerkeffekte

Indirekte Netzwerkeffekte hängen nicht direkt von der Größe der Gruppe des betroffenen Nutzers auf der Plattform ab. Sie sind, allgemein ausgedrückt, ein Nebenprodukt der Tatsache, dass viele Akteure ein Netzwerk nutzen.

Im Kontext der zweiseitigen Märkte entstehen indirekte Netzwerkeffekte aus dem Umfang, in dem das Netzwerk von einer anderen Nutzergruppe genutzt wird. Das heißt, Mitglieder der Nutzergruppe A gewinnen einen Zusatznutzen daraus, dass mehr Mitglieder der Nutzergruppe B auf dem Netzwerk sind.

Ein Beispiel: Einem Nutzer von Windows (Nutzergruppe A) entsteht ein Zusatznutzen, wenn möglichst viele Entwickler (Nutzergruppe B) für das Betriebssystem seiner Wahl entwickeln. Je mehr Entwickler Programme für Windows entwickeln, desto größer wird die Auswahl für die Endkunden von Windows (Nutzergruppe A) und damit steigt ihr Gesamtnutzen an Windows.

Zweiseitige Märkte allgemein

Das wesentliche Merkmal zweiseitiger Märkte sind gegenseitige, indirekte Netzwerkeffekte. Auf zweiseitigen Märkten treffen (mindestens) zwei unterscheidbare Gruppen von Akteuren aufeinander, deren Nutzen an der Plattform steigt, wenn die jeweils andere Gruppe auf der Plattform größer wird.

Nehmen wir das Beispiel von eben noch einmal auf: Betriebssysteme wie Windows sind zweiseitige Märkte. Warum: Weil, wie eben beschrieben, die Attraktivität des Betriebssystems für den Endnutzer (Gruppe A) steigt, wenn viele Programme dafür zur Verfügung stehen. Gleichzeitig steigt die Attraktivät des Betriebssystems für die Entwickler (Gruppe B), wenn es von sehr vielen Endnutzern (Gruppe A) und damit potentiellen Kunden eingesetzt wird.

Microsoft muss also einen Weg finden, wie es beide Gruppen dazu bringt, das Betriebssystem einzusetzen, weil erst dann die Plattform attraktiv und damit erfolgreich wird.

Weitere Beispiele für zweiseitige Märkte mit den entsprechenden Gruppen:

  • Einkaufszentren: Läden, Kunden
  • Spielkonsolen: Spiele-Entwickler, Spieler
  • Kreditkartensysteme: Kreditkarte akzeptierende Läden, Kreditkartenbesitzer
  • Werbefinanzierte Medien: Werbende, Konsumenten (hier können negative Externalitäten auftreten, wenn die Werbung als störend wahrgenommen wird)
  • Blu-ray: Anbieter von Inhalten auf Blu-ray-Discs, Besitzer von Blu-ray-Playern

In allen Fällen profitiert jede Gruppe davon, wenn die jeweils andere Gruppe die Plattform einsetzt.

Der Provider der Plattform internalisiert die Externalitäten (die Netzwerkeffekte) über Architektur der Plattform und vor allem über die Preisstrategie. Der Provider muss für einen Erfolg der Plattform sicherstellen, dass die Netzwerkeffekte und verschiedenen Preissensitivitäten in die Kalkulation seines Angebots einfliessen.

Aus den unterschiedlich starken Netzwerkeffekten für die Gruppen folgen unterschiedliche Preissensitivitäten. Das macht sich dann fast immer darin bemerkbar, dass die zahlungswilligere Gruppe die andere Gruppe subventioniert.

Das ist beispielsweise der Grund, warum werbefinanzierte Medien wie Tageszeitungen mit einem Preis unterhalb der Kosten verkauft werden. Auch Spielkonsolen werden oft zumindest in der Einführungsphase mit Verlust verkauft. Auch die Tatsache, dass vieles im Web für Endkonsumenten kostenfrei ist, lässt sich darauf zurückführen. Zu Preisstrategien von Plattformprovidern folgt später noch ein gesonderter Artikel.

Nicht immer ist die Unterscheidung der verschiedenen Nutzergruppen offensichtlich. Wir werden in einem späteren Artikel noch sehen, dass Plattformprovider auch manchmal die Gruppen nicht erkennen und eine suboptimale Preisstrategie fahren, weil sie alle Nutzer gleich behandeln.

Wer ein System mit zweiseitigen, indirekten Netzwerkeffekten aufbauen will, steht vor einem Henne-Ei-Problem. Gehen wir von zwei Nutzergruppen aus, A und B:

Der Nutzen des Systems für Gruppe A entsteht nur, wenn Gruppe B an Bord ist. Das Gleiche gilt umgekehrt für Gruppe B wenn zweiseitige indirekte Netzwerkeffekte vorliegen. In diesem Fall wartet jede der Seiten darauf, dass die andere Seite die Plattform annimmt.

Zweiseitige Märkte im Internet

Werbefinanziert

Sehr viele Internetangebote sind zweiseitige Märkte. Immer, wenn ein Dienst werbefinanziert ist, entsteht auf ihm automatisch ein zweiseitiger Markt.

Social Media und Co.

Ob werbefinanziert und/oder mit APIs: Soziale Netzwerke oder andere auf die Vernetzung zwischen den Endnutzern setzende Internet-Plattformen zeichnen sich neben den zweiseitigen, indirekten Netzwerkeffekten zusätzlich durch einen starken direkten Netzwerkeffekt auf der Seite der Endnutzer aus. Das ist ausgesprochen wichtig, wie wir später noch sehen werden.

Plattformen mit APIs

Wenn Internet-Plattformen eine API (Programmierschnittstelle) einführen, werden sie ebenfalls zu einem zweiseitigen Markt: Auf der einen Seite die Entwickler, die auf die API setzen. Auf der anderen Seite die Endnutzer, die vom reichhaltigen Ökosystem profitieren.

Einige konkrete Beispiele:

  • Facebook Plattform und Facebook Connect: Anbieter von Apps wie FarmVille und Webpublisher auf der einen Seite, Endnutzer auf der anderen Seite.
  • Twitter: Wohl neben Facebook das bekannteste Beispiel für eine populäre API im Internet. Anbieter von Twitterclients auf der einen und Endnutzer auf der anderen Seite dürften in diesem Ökosystem die stärksten zweiseitigen, indirekten Netzwerkeffekte verspüren.
  • Apples Appstore: Auch der Appstore für iPhone, iPod Touch und iPad ist ein zweiseitiger Markt. Je mehr Endnutzer diese Geräte einsetzen, desto attraktiver wird das System für die Entwickler, was sich wiederrum in einem Angebot äußert, dessen Vielfalt ein wesentlicher Erfolgsfaktor auf Endnutzerseite ist. Der Appstore von Apple ist aktuell ein Paradebeispiel für einen florierenden zweiseitigen Markt.

Eines haben all diese Beispiele gemeinsam: Sie sind auch ohne die Zusatzangebote von Drittanbietern nutzbar. Das ist notwendig: Damit der zweiseitige Markt funktioniert, muss der Provider wie oben beschrieben eine Henne-Ei-Problem lösen. Wie auf dem Desktop die Betriebssysteme, die von Haus aus alle mit Programmen ausgeliefert werden, die Grundfunktionen erfüllen, können auch die Internetplattformen genutzt werden, ohne dass der Endnutzer auf Drittanbieter setzen muss.

Dass er es bei den erfolgreichen Angeboten kann, sichert ihnen weiteres Wachstum.

Auch addon-fähige Software wie die Browser Firefox, Chrome und andere sind zweiseitige Märkte: Je mehr Addons, desto nützlicher werden sie. Je nützlicher sie sind, desto mehr Menschen setzen die Browser ein.

Zunehmende Komplexität

Das bringt uns gleich zu einem Punkt, der in den kommenden Jahren an Bedeutung zunehmen wird: Zunehmende Komplexität im High-Tech-Bereich.

Plattformen können auf andere Plattformen aufsetzen oder mit diesen verbunden sein. Dafür gibt es unterschiedlichste Beispiele: Facebook hat eine eigene Applikation für das iPhone. Die iPhone-Applikation Boxcar ermöglicht anderen, auf ihre Push-Funktionalität zu setzen und wird damit selbst zu einem zweiseitigen Markt. Der Twitterclient Seesmic ist Drittanbieter im Twitter-Ökosystem. Mit der kommenden addon-fähigen Version wird Seesmic selbst zu einem zweiseitigen Markt.


Dieser Artikel hat die Grundlagen zweiseitiger Märkte allgemein und im Internet behandelt. In den kommenden Artikeln werden wir uns mit Preisstrategien von Plattformanbietern, Geschäftsmodellen, den Auswirkungen von Multihoming und weiteren Aspekten von zweiseitigen Märkten im Internet auseinandersetzen.“

Quelle: http://www.neunetz.com/2010/04/02/zweiseitige-maerkte-die-grundlagen/